Seit dem 25.10.21 überschlagen sich die Ereignisse hier in Moshi. Es passieren immer wieder unvorhergesehene Dinge und ich werde unglaublich in Beschlag genommen. Zur Ruhe kommen, gibt es für mich in diesem Jahr überhaupt nicht! Von allen Ereignissen kann ich gar nicht berichten, das würde den Rahmen sprengen, daher konzentriere ich mich ausschließlich auf die Hilfe für Mama Emanuel, die Mutter des Kindes mit dem Down-Syndrom, von der ich schon berichtete.
Da ich bereits einige Gespräche mit dem Vorsitzenden der Region des großen lokalen Marktes zusammen mit Kagera hatte, die zu keinem Ergebnis führten, entschied ich, Jimmy, einen anderen Tansanier, zum nächsten Gespräch als Dolmetscher mitzunehmen. Mama Emanuel konnte bei den Gesprächen leider nicht dabei sein, weil sie sehr krank war; dazu später mehr. Die Gespräche zogen sich teilweise hin wie Kaugummi und waren immer wieder mit irre Wartezeiten vorher und zwischendurch verbunden. Die Tansanier sagen nicht umsonst „pole, pole“ (langsam, langsam); ich dagegen bin eher in Richtung „harakaraka“ (schnell, schnell). Inzwischen hatten sich 3 Vorsitzende von verschiedenen Marktregionen eingeschaltet – hm, ich halte die Leute scheinbar auf Trapp. Vielleicht bin ich auch nur in gewisser Weise interessant, weil ich momentan eine der wenigen Weißhäutigen in dieser Gegend bin und dann auch noch eine, die sich für ein Business interessiert; das kommt hier nicht alle Tage vor! Man zeigte mir verschiedene Plätze, die für Mama Emanuel vergeben werden könnten, allerdings waren die für mich nicht gut genug. Sie lagen abseits von der Straße, wo sich die meisten Leute tummeln. Meine Hartnäckigkeit hat sich letztlich ausgezahlt – jetzt habe ich einen wirklich guten Standort mit einem kleinen Container ergattern können! Erst dachte ich, dass ich die Vorsitzenden mit meiner Hartnäckigkeit vermutlich nerve, denn afrikanische Frauen würden sich bestimmt anders verhalten, aber es schien, als hätten alle irgendwie Spaß daran gehabt. Außerdem hatte ich darüber informiert, dass ich Mama Emanuel unterstütze und ich den Platz benötige, um ihr die Möglichkeit zu geben, Geld zu verdienen um selber für ihren Lebensunterhalt sorgen zu können. Das kam wohl gut an. Morgen wird schon mal gestartet, ein paar Dinge zu organisieren, u.a. Vertragsunterzeichnung mit Mama Emanuel bzgl. eines Mikrokredites. Am Montag wird dann die Ware gekauft.
Und nun zu Mama Emanuel. Sie fühlte sich, wie ich bereits berichtete, am letzten Montag schon nicht wohl. Als ich sie am Dienstag besuchte, ging es ihr so schlecht, dass ich mit ihr zum Arzt gegangen bin, der nur ein paar Meter entfernt seine Praxis betreibt. Dort ein paar Aufnahmen machen zu können, wäre super gewesen, aber meine Frage danach wurde leider verneint. Ich rief Kagera an, um ihn über die Situation zu informieren und er kam dann auch innerhalb von 1/2 Stunde. Mama Emanuel bekam eine Infusion, die sie zu Kräften kommen lassen sollte. Die Ärztin meinte, es sei das Beste, Mama Emanuel ins Krankenhaus zu bringen, aber da sie es selber nicht wollte, haben wir sie nur nach Hause gebracht. Am nächsten Morgen habe ich mich mit Kagera bei Mama Emanuel getroffen. Ich war ein bisschen früher dort und sah schon, dass sie unbedingt ins Krankenhaus gebracht werden musste. Kagera wollte als Transportmittel ein Tuk-tuk nehmen, da dies nur 2.000 TZS anstatt, wie das Taxi, 5.000 TZS kosten würde; der Unterschied sind umgerechnet ca. 1,13 €. In ihrem Zustand ein Tuk-tuk zu nehmen, wäre für mich undenkbar gewesen, aber für die Tansanier, die zu der armen Gruppe der Bevölkerung gehören, eine ganz normale Sache! Nach ca. 10 Minuten erreichten wir das St. Joseph Hospital in Moshi, ein privates Krankenhaus. Mama Emanuel hat die Möglichkeit, hier kostenfrei behandelt zu werden, da ihr Ehemann, der sie verlassen hat, irgendwo als Angestellter tätig ist und sie somit eine Krankenversicherung hat. Lediglich die Medikamente mussten bezahlt werden.
Der Aufenthalt hier im Krankenhaus war wirklich spannend. Eine Privatsphäre gibt es nicht. Die Türen von den Besprechungszimmern sind offen und wer vorbei läuft, kann alles mitbekommen. Die irre langen Wartezeiten waren für mich nervenzerreißend – echt nix für mich! Gott sei Dank waren Kagera und Jimmy mit dabei, die zum einen übersetzen und mich damit auf dem Laufenden halten konnten und mit denen ich die Wartezeit mit Informationsaustausch vertreiben konnte. Von Angehörigen seitens Mama Emanuel keine Spur! Der Arzt entschied, dass sie über Nacht im Krankenhaus bleiben müsste, da sie sehr schwach war, weitere Injektionen benötigte und man außerdem darauf achten müsste, dass sie ihre neuen Medikamente pünktlich und regelmäßig nimmt. Hm, jetzt hatten wir ein echtes Problem! Die beiden Kinder von Mama Emanuel waren zuhause geblieben und hatten keine Betreuung. Mama Emanuel hatte niemanden, der die Kinder hätte zu sich nehmen können oder wollen. Meine Güte – was tun?! Kagera und ich sind also schnurstracks (inzwischen war es ca. 17h oder 17:30h) zu den beiden Kindern gefahren, die irgendwo unterwegs waren, wo auch immer. Wir hatten mit einer Nachbarin gesprochen, die sich bereit erklärte, sich irgendwie um die beiden Kinder zu kümmern. Abends mussten wir nochmal ins Krankenhaus zurückfahren, um Mama Emanuel etwas zu essen zu bringen; im Krankenhaus bekommt man nichts – das wusste ich nicht und weder Kagera noch sonst irgendjemand hat mir davon etwas gesagt. Hier ist es üblich, dass die Angehörigen, Nachbarn oder sonst wer Essen bringt. Hat man niemanden, bekommt man nichts; harte Sitten! Gegen 19:30h erhielt ich von Sekunda, einem Tansanier, der sich netter Weise ebenfalls um Mama Emanuel kümmerte, die Nachricht, dass der Großvater die beiden Kinder abgeholt hatte; das gab mir ein gutes Gefühl.
Am nächsten Tag, also letzten Donnerstag, habe ich sie morgens wieder im Krankenhaus besucht. Sie hatte sich schon etwas erholt und wirkte wesentlich stabiler. Trotzdem musste sie eine weitere Nacht dort verbringen und ist erst heute entlassen worden. Wir haben Aufgabenteilung gemacht: teilweise haben Jimmy oder Sekunda ihr etwas zu essen gebracht, teilweise habe ich das übernommen. Morgen früh werde ich sie zuhause aufsuchen. Sie schrieb mir heute in Swahili, dass es ihr gut ginge. Ich hoffe, das bleibt so.